2009 Studie - Mit Mehrweg in die Zukunft!

Archivmeldung vom 22.12.2009.
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,..) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

Drastische Rückgänge bei den Mehrweggebinden erzeugen Handlungsbedarf. Eine neue Studie liefert gangbare Modelle für die Trendumkehr. Dass wiederbefüllbare Getränkeverpackungen umweltfreundlicher sind als weggeworfene Flaschen und Dosen, besteht kein Zweifel: Weniger Ressourcenverbrauch, weniger Energieeinsatz, und nicht zuletzt viel weniger Müll.

Anfang der 90er Jahre schien die Welt der Mehrwegverpackungen noch in Ordnung. Die gerade eingeführte Verpackungsverordnung sicherte den umweltfreundlichen, wiederbefüllbaren Gebinden hohe Quoten am Markt. Doch bald darauf begann der schleichende Rückgang: Vorgegebene Mehrwegquoten wurden nach unten revidiert, im Jahr 2000 erfolgte die Abschaffung der Milchflasche. DI Christian Pladerervom Österreichischen Ökologie-Institut: „Betrug der Mehrweganteil im Jahr 1995 noch an die 70-80 Prozent, so liegt er heute bei etwa 20%. Im Vorjahr wurde zudem mit der Einstellung der letzten Mehrweg-PET-Flasche ausgerechnet die aus ökologischer Sicht beste Verpackung aus dem Handel genommen."

Neue Studie zeigt Auswege auf

Grund genug für Christian Pladerer und das Ökologieinstitut, mit der soeben fertig gestellten und dem Lebensministerium präsentierten Studie "Mehrweg hat Zukunft! Modelle und Modellbausteine zur Steigerung des Einsatzes von Mehrweggetränkeverpackungen in Österreich" gangbare Handlungswege aufzuzeigen. Als Ausgangsbasis für die vorgeschlagenen Modelle bzw. Modellbausteine zur Steigerung von Mehrweggetränkeverpackungen diente dabei ein Blick nach Skandinavien und Deutschland.

Anregungen aus Skandinavien

In Norwegen sind Einweggetränkeverpackungen von einer ansonst üblichen Verpackungs- und Umweltabgabe befreit, wodurch Mehrweggebinde einen Marktvorteil von etwa 0,11 € pro Stück genießen. Ein von den Brauereien betreutes Pfandsystem auf Mehrwegflaschen reduziert zudem die Rücknahme- und Sortierkosten. Anders als etwa in Deutschland, wo zwar ein Pfandsystem existiert, aber zu kompliziert ist, besticht Norwegen auch noch mit einer deutlichen Beschriftung der Pfandflaschen. Allerdings stieg auch in Norwegen zuletzt der Einweganteil, nicht zuletzt durch das dort sehr beliebte Dosenbier. Für eine deutliche Lenkung in Richtung Mehrweggebinde reicht die dortige, indirekte Förderung durch Steuerbefreiung nicht aus.

Auch in Dänemark werden Mehrweggebinde indirekt gefördert. Eine Steuer auf alle Gebinde muss bei Wegwerfverpackungen für jede Verpackung, bei Mehrwegverpackungen nur bei Erstbefüllung bezahlt werden. Eine direkte Förderung von Mehrwegsystemen wie in den 1990er-Jahren ist leider nicht mehr vorhanden.

Beim Pfandsystem in Schweden besticht vor allem die Kosteneffizienz durch einen hohen Automatisierungsgrad mit Pfandautomaten, standardisierte Kästen und Einheitsflaschen.

Direkte Förderung von Mehrweggebinden notwendig

Obwohl in den untersuchten Ländern viele brauchbare Anregungen für Österreich enthalten sind, erweisen sich auch die dortigen Systeme für eine deutliche Trendumkehr in Richtung Mehrweg als zu schwach. Christian Pladerer: „Die Recherche zeigt, dass in Skandinavien keine direkte Förderung von Mehrwegsystemen besteht." Für einen nachhaltigen Lenkungseffekt in Richtung Mehrweggebinde müssten daher direkte Maßnahmen wie Abgaben, Lizenzen oder Ähnliches als Modellbausteine hinzukommen. „Mit einem Aufschlag auf ökologisch ungünstige Verpackungen wäre die Marktgleichheit wieder hergestellt, Mehrweg wäre dann sogar etwas günstiger."

Modellvarianten für mehrwegreiche Zukunft

In diesem Sinne schlägt die Studie fünf gangbare Modelle für Österreich zur gezielten Steigerung des Mehrweganteils vor:

  • Modell 1: Es wird ein Zuschlag auf Verpackungen entsprechend der ökologischen Schadwirkung (bspw. 0,20 €/Liter) eingehoben. Dieser kann entweder auf alle Verpackungen eingehoben werden, oder Mehrweggebinde werden verstärkt begünstigt (siehe Modell 5)
  • Modell 2: Diese Variante schlägt die Einführung von Verpackungslizenzen vor, der ökologische Lenkungseffekt wird durch eine Verknappung der Lizenzen nach Umweltwirkung erzielt.
  • Modell 3: Das Quotenmodell: Dabei werden Mindestziele (Quoten) bezüglich der Wiederverwendung, als auch der stofflichen und der thermischen Verwertung von Getränkeverpackungen festgelegt. Der Handel ist für die Einhaltung verantwortlich.
  • Modell 4: Das sogenannte Ökosäulenmodell beruht auf drei verschiedenen „Säulen": Einer von der Verpackung abhängigen ökologischen Packstoffsteuer, dem Ausweis der Herstellungs- und Recyclingkosten am Produkt, sowie der Einführung eines Pfands als Rücklaufsicherung.
  • Modell 5: Die Ökobonusvariante - sie ähnelt dem Modell eins, wobei ökologisch vorteilhafte Verpackungen und Mehrweggebinde einen Bonus erhalten, indem sie gezielt von Zuschlägen ausgenommen werden.

Eines haben aber alle Modelle gemeinsam, die Verantwortung über Erfolg und Misserfolg eines Modells wird verstärkt in die Hände des österreichischen Lebensmittelhandels als Letztvertreiber von Getränken gelegt. Christian Pladerer: „Da die derzeit bestehende freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft nicht greift, wäre eine gesetzliche Verankerung wünschenswert, ebenso eine Verlagerung der Aktivitäten von den Wirtschaftsverbänden zum Handel."